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Zum Frauenglück

Written by  05 Feb 2013
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05.02.2013

Zum Frauenglück


Jetzt bin ich wieder in Saint-Louis, und das ging so:
Heute morgen kam wie verabredet Ousmane und kurz darauf sein Onkel. Dieser, ein Taxifahrer, sollte mich zum Gare Routier bringen, wo die Autos nach Rosso abgehen. Er setzte mich in ein Auto, blieb aber daneben stehen; aus gutem Grund, wie sich zeigte, da kurz darauf ein Polizist erschien, ein großes Geschrei losging und ich schon kurze Zeit später wieder in Onkels Taxi saß; da, wie er mir erklärte, der andere Fahrer ein Bandit ohne Lizenz sei, der mich gewiss geschröpft (Onkel sagte, die Kehle aufgeschlitzt, na ja) hätte. Auf jeden Fall fand er einen Freund, in dessen Taxi ich bald darauf saß und zwei Stunden auf die Abfahrt warten musste....Dann aber ging's flott nach Rosso, wo mich wieder Abdul erwartete. Dank dessen bargeldloser Magie brach ich meinen eigenen Weltrekord im Überqueren der mauretanischen Grenze, da ich drei Minuten später schon auf der Fähre stand. Fast(aber nur fast) hätten mir einige Touristen leidgetan, die mich mit gequälten Gesichtern an ihnen vorbeihuschen sahen; genau so wie übrigens die ungarischen Teilnehmer einer Rally Weißichwas. Die waren vor mir in der senegalesischen Grenzstation angekommen und befanden sich in einem großen Disput mit dem dortigen Beamten, was diesem überhaupt nicht gefiel. So nahm er demonstrativ meinen Pass und drückte seinen Stempel hinein, einfach um zu zeigen, dass er das gut kann, aber nicht bei wütenden Rallyefahrern....
Einem geschenkten Gaul...und schon saß ich im nächsten Wagen nach Saint-Louis. Der Vordersitz in diesen Taxis ist der teuerste, weil bequemste. Der war leider schon besetzt, und so nahm ich den zweitbesten Platz, zweite Reihe Fenster - so dachte ich, leider ließ sich das Fenster nicht hochkurbeln, sodass ich ohne meinen Turban sicher nicht gesund angekommen wäre. Nacheinander kamen wie in drei Zollkontrollen, bei denen meine afrikanischen Mitreisenden alle ihre Sachen aus- und wieder einpacken mussten. Mein Toubab-Gepäck blieb unbehelligt, ist doch mal ein Tip für Schmuggler... Im Gedächtnis geblieben ist mir ein einsames Gebäude mitten im senegalesischen Nichts, dessen Neonschild die Aufschrift "Au Bonheur des dames", was auf Deutsch etwa "Zum Frauenglück" heißen mag, trug. Ich komme nicht dahinter, was sich wohl in diesem Gebäude verbergen mag....
Insgesamt dauerte die Reise neun Stunden, und ich war froh, in meinem Hotel in Saint-Louis anzukommen. Dort traf kurz darauf der Koraspieler Ablaye Sissoko ein, der einer der Hauptprotagonisten unserer musikalischen Reise sein wird. Mit ihm habe ich verschiedene Details abgeklärt, und er wird mich, wie abgesprochen, im März in Köln besuchen, um die musikalische Linie auszuarbeiten. Ablaye ist ein "accomplished artist" und ich freue mich schon sehr auf unsere Zusammenarbeit. Gerade habe ich noch ein Dossier für die morgen tagende Programmkommission geschrieben und bin wirklich hundemüde, ein Zustand, der, wie ich bemerke, sich in letzter Zeit immer häufiger einzustellen scheint.
Aber nur Mut! Morgen geht's schon weiter nach Dakar!

Read 52542 times Last modified on Sunday, 10 February 2013 17:12

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